© H.Mori (Photo Gerhard Mori, Alser Straße 1992)
 

Die letzte Universitätsvorlesung von Viktor Frankl

Am 21. Oktober 1996, gute 10 Monate vor seinem Tode hielt Viktor Frankl im Rahmen des von Harald Mori organisierten Vorlesungszyklus seine letzte Vorlesung. Es waren über 700 HörerInnen anwesend, die den Ausführungen eines rüstigen, gedanklich und stimmlich völlig gefestigten Viktor Frankl für eine volle Stunde lauschten. Begleitet wurde er von seiner Enkelin Mag. Katharina Ratheiser und von Harald Mori. Frankl war zu dieser Zeit auf einem Auge erblindet, konnte aber mit dem anderen Auge - übrigens bis zu seinem Tode - noch so viel sehen, daß er Notizen lesen konnte und sich ohne fremde Hilfe auf allen Wegen bewegte. Irrtümlich wird immer wieder publiziert, Frankl sei im Alter völlig erblindet, was überhaupt nicht den Tatsachen entspricht. Er war für sein Alter in einer erstaunlich guten Verfassung. Nach Beendigung seiner Ausführungen verließ er unter langanhaltendem Applaus den Hörsaal und war die Vorlesung für diesen Tag beendet. In den folgenden Tagen gab es weitere Vorlesungen (Anbei die Kopie des Vorlesungsplans) unter anderem auch zwei wertvolle Vorträge von Frau Dr. Elisabeth Lukas am  4. und 5. November, zu denen sie nach Wien angereist war. Viktor Frankl hatte an diesem Montag dem 21. Oktober 1996 in gewohnter Art seine Vorlesung alleine gehalten und für die weiteren Tage das Feld seinen Schülerinnen und Schülern überlassen, von denen einige sein Vermächtnis immer noch in die Welt tragen. Im Sinne einer "Degurufication of Logotherapy", wie Frankl es nannte, war es ihm ein Anliegen, daß seine Lehre weitergetragen und vor allem gemäß der Zeit weiterentwickelt wird.

"Jede Zeit hat ihre Neurosen, und jede Zeit braucht ihre Psychotherapie" Viktor Frankl

                                                            
 
                           
                                                 "Für mich hören die Kategorien Raum und Zeit am Grabesrand auf"
                                                                      Viktor E. Frankl (Photo Mori - September 2012 frei zur Nutzung / for free use) 
 
 
 
                                                     © Photo H.Mori         "The unheard cry for meaning" (Psychotherapy and Existentialism)
 Statue im Bücherregal im Arbeitszimmer von Viktor Frankl (Homo patiens - Der leidende Mensch) Symbol für die Aufgabe sich um Menschen in Not zu kümmern, zu heilen und zu lindern.
Statue in the office of Viktor Frankl (Homo patiens - the suffering man) Symbol for the duty to care about people who need help, to heal and to palliate.
 
 
Viktor E. Frankl  "Synchronisation im Birkenwald"  (Gegenwärtig im Anhang des Buches "...trotzdem Ja zum Leben sagen")
 
Im Jahre 1948 erschien das von Viktor Frankl in etwa 9 Stunden geschriebene Theaterstück: 
"Synchronisation in Birkenwald" - Eine metaphysische Conference in der von Ludwick von Ficker herausgegebenen Zeitschrift : 
"Der Brenner" unter dem Pseudonym: Gabriel Lion.
Der Name "Birkenwald" bezieht sich auf die Konzentrationslager: Birkenau und Buchenwald
Viktor Frankls Vater hieß GABRIEL Frankl und die Mutter Frankls mit Mädchennamen: Elsa LION.
Das Theaterstück wurde in einigen Theatern weltweit aufgeführt und 2009 in Buenos Aires als Musical inszeniert. 
 
Der Brenner war eine 1910 von Ludwig von Ficker gegründete Halbmonatsschrift für Kunst und Kultur, die bald im ganzen deutschen Sprachraum als Forum für Kulturkritik und avantgardistische Literatur bekannt war und bis 1954 im Brenner-Verlag in Innsbruck erschien. Der Titel der Publikation bezog sich einerseits auf den Brennerpass, andererseits auf ihr Vorbild, die von Karl Kraus herausgegebene Zeitschrift Die Fackel.[1]

Bis zum Beginn der 1920er Jahre war der Brenner ein Sprachrohr des Expressionismus. Später verlagerte sich der Schwerpunkt auf sprachphilosophische und theologische Essays und Lyrik.

Quelle: Wikipedia online 22.9.11
 
 
"Der Mensch hat Sinn" : 105. Geburtstag von Viktor E. Frankl"  www.franklzentrum.org 
Wien (OTS) - Als 16jähriger referierte er bereits in
Volkshochschulen über den "Sinn des Lebens", als junger Student
gründete er 1928 Beratungen gegen grassierende Schülerselbstmorde, in
der NS-Zeit verlor er einen Großteil seiner Familie, nach Kriegsende
schrieb er sein vielleicht bekanntestes Werk: "... trotzdem Ja zum
Leben sagen" ("Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager" hießen
die ersten Auflagen): Viktor Emil Frankl, der am 26. März seinen 105.
Geburtstag feiern würde, zählt als Begründer der dritten Wiener
Schule der Psychotherapie bis heute zu den international bekanntesten
Therapeuten aus Wien. Seit fünf Jahren erinnert auch das Viktor
Frankl-Zentrum in der Marianngasse im Alsergrund - in der
gegenüberliegenden Wohnung lebte Frankl 52 Jahre seines Lebens - an
das große Werk, dessen Essenz darin liegt, dass jeder Mensch einen
spezifischen Lebenssinn hat, den es zu entdecken gilt. "Sinn muß
gefunden werden, kann nicht erzeugt werden." (Frankl) Das
Frankl-Zentrum veranstaltet aus diesem Grund am Abend des 26. März
auch eine Festveransataltung am Unicampus.
Zwtl.: Lebenslauf des weltberühmten Begründers der Existenzanalyse
und Logotherapie
     Frankl studierte in Wien Medizin. Er promovierte 1930 und
leitete später den sogenannten Selbstmörderinnen-Pavillion am
Krankenhaus Am Steinhof. 1937 gründete er eine eigene Praxis, unter
den Nazis leitete er die neurologische Station am Rothschild-Spital,
dem einzigen jüdischen Spital, welches die Nazis in Wien zuließen.
1942 wurde er mit seiner Familie und seiner ersten Frau in das KZ
Theresienstadt verschleppt. In weiterer Folge verlor er seine Eltern,
den Bruder und seine Frau, die allesamt ermordet wurden. Frankl
selbst erlebte seine Befreiung am 27. April 1945 im KZ
Dachau-Türkheim. Dieser Tag wurde ihm zum "zweiten Geburtstag".
Zurück in Wien wurde er 1946 Primarius der Neurologischen Abteilung
an der Wiener Poliklinik, eine Position, die er 25 Jahre innehatte.
Ebenfalls 1946 erschienen seine Erfahrungen aus der KZ-Welt, das in
weiterer Folge über neun Millionen Mal verkauft wurde. Mit "Man's
Search für Meaning" (1959) begründete Frank die Logotherapie. Frankl
lehrte unter anderem an der Harvard University, der Stanford
University oder an der Universität von Pittsburgh. Bis zu seinem 85.
Lebensjahr stand Frankl im Hörsaal und unterrichtete. 
Zwtl.: Ehrungen und "alpine" Wien-Erinnerungen
     1995 wurde Frankl die Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien wie von
Seiten der Republik das Große Goldene Ehrenzeichen mit Stern
verliehen, 1997 wurde er Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie
der Wissenschaften. 1999 richtete die Stadt Wien in Erinnerung an
Frankls Werk den sogenannten Viktor-Frankl-Fonds ein, der Preise,
etwa für das Lebenswerk, aber auch diverse Stipendien für
Wissenschaftler vergibt. Neben vielen Ehrungen erinnern neben dem
Viktor Frankl-Hof im 2. Bezirk und dem Viktor Frankl-Park im
Alsergrund auch zwei Klettersteige an Frankl, der zeit seines Lebens
ein begeisterter Alpinist und "Rax"-Verehrer war. Am 2. September
1997 starb Viktor Emil Frankl an Herzversagen nach einem
medizinischen Eingriff in Wien. Er liegt am Zentralfriedhof begraben.
Zwtl.: Festveranstaltung und Dokumentarfilm zu Frankls Lehrtätigkeit
     Am 26. März findet unter dem Ehrenschutz von Bundespräsident
Heinz Fischer am Unicampus eine Festveranstaltung mit diversen
Vorträgen statt. Boglarka Hadinger wird über "Menschen, die Mut
machen" sprechen, Alexander Vesely - Enkelsohn von Frankl - wird
Ausschnitte aus seinem Dokumentarfilm "Viktor and I" präsentieren.
Für diesen Film reiste Vesely zwei Jahre durch die USA und Südamerika
und fertigte diverse Interviews mit früheren Kollegen und ehemaligen
Studenten Frankls an. Beginn ist um 18.30 Uhr im Hörsaal C1 (9.,
Spitalgasse 2-4). Eine Anmeldung ist wegen beschränkten
Platzangebotes notwendig (office@franklzentrum.org ; Telefon: 0699 10
96 10 68)
~
o Infos: www.franklzentrum.org
~
     rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/ma53/rkfoto/
(Schluss) hch
Rückfragehinweis:
   PID-Rathauskorrespondenz:
   www.wien.at/vtx/vtx-rk-xlink/
   Mag. Hans-Christian Heintschel 
   Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien (MA 53)
   Telefon: 01 4000-81082
   Mobil: 0676 8118 81082
   E-Mail: hc.heintschel@wien.gv.at
   Gerhard Breitwieser
   Viktor Frankl Zentrum
   Mobil: 0650 55 187 99
   E-Mail: breitwieser@franklzentrum.org
 
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In Memoriam

2. September 1997

 Todestag Viktor Frankls

Angesichts unterschiedlicher Artikel und Meldungen anlässlich des 10. Todestages von Viktor Frankl ist es (wie grundsätzlich schon) erneut empfehlenswert sich mit der Originalliteratur Viktor Frankls, bzw. mit Video- oder Tonbandaufnahmen zu beschäftigen. 

Auch die historischen Informationen über Frankl und sein Werk, die von ihm begründete Psychotherapierichtung Logotherapie und Existenzanalyse werden immer wieder einseitig dargestellt. Vor allem der Begriff Existenzanalyse wurde von Frankl zeitlebens verwendet und gerade in seinen späteren Jahren immer wieder hervorgehoben. In der englischen Sprache wird "logotherapy" besser aufgenommen, da "existential analysis" mit dem deutschen  Terminus "Daseinsanalyse" (begründet von Ludwig Binswanger) übersetzt wird. Es ist daher üblich, in englischen Versionen "existential analysis (Existenzanalyse)" zu schreiben.

*

    EXISTENZANALYSE

Viktor Frankl und der Doppelbegriff: "Logotherapie und Existenzanalyse" (siehe auch VFI)

1987 erschien im Verlag Piper Frankls Buch: "Logotherapie und Existenzanalyse" (Texte aus fünf Jahrzehnten), 1994 die erweiterte Ausgabe bei Quintessenz (Texte aus sechs Jahrzehnten) ebenfalls mit dem Haupttitel "Logotherapie und Existenzanalyse".  In beiden Ausgaben  finden sich folgende Artikel von Viktor Frankl: "Philosophie und Psychotherapie : Zur Grundlegung einer Existenzanalyse" (aus 1939), "Grundriß der Existenzanalyse und Logotherapie" (aus 1959).

"Grundriß der Existenzanalyse und Logotherapie" enthält u.a. folgende Kapitel: Existenzanalyse als Explikation personaler Existenz, Existenzanalyse als Therapie kollektiver Neurosen, Logotherapie als ärztliche Seelsorge, Logotherapie als spezifische Therapie noogener Neurosen, Logotherapie als unspezifische Therapie. Weiter schreibt Frankl: "Die Logotherapie und die Existenzanalyse sind je eine Seite ein und derselben Theorie."

Die fünf Aspekte der Existenzanalyse und Logotherapie sind die folgenden:

1. Existenzanalyse als Explikation personaler Existenz

2. Existenzanalyse als Therapie kollektiver Neurosen

3. Existenzanalyse als ärztliche Seelsorge

4. Logotherapie als spezifische Therapie noogener Neurosen

5. Logotherapie als unspezifische Therapie

Weiter: "Ex-sistieren heißt aus sich selbst heraus- und sich selbst gegenübertreten, wobei der Mensch aus der Ebene des Leiblich-Seelischen heraustritt und durch den Raum des Geistigen hindurch zu sich selbst kommt. Ex-sistenz geschieht im Geist. Und sich selbst gegenüber tritt der Mensch insofern, als er qua geistige Person sich selbst qua psychophysischem Organismus gegenübertritt"

"Es ist hier nicht der Ort, auf spezielle Fragen der Technik einer solchen Existenzanalyse - wie wir diese Psychotherapie genannt haben - einzugehen; ...So gesehen wird die Psychotherapie in doppelter Hinsicht zur Existenzanalyse: sie wird zur Analyse der ganzen Existenz (Eros und Logos, Ethos) und sie wird zur Analyse auf Existenz hin (Menschsein, Dasein als Verantwortlichsein). (Quellen: Viktor E. Frankl, Logotherapie und Existenzanalyse, Texte aus sechs Jahrzehnten. Neue erweiterte Ausgabe, Quintessenz, München 1994, © 1994 by Viktor E. Frankl.

*

Viktor Frankl und die Biographie

Immer wieder bemühen sich sogar renommierte Personen die haltlosen Vorwürfe eines gewissen Timothy Pytell in die Öffenlichkeit zu tragen, eigenwillige Ideen eines unrelevanten und wankelmütigen Historikers,  der seinen Lebenssinn offenbar darin gefunden hat, seine Gestalt auf dem Rücken eines berühmten Menschen imponieren zu lassen. Lesenswert dazu ist folgende Passage eines Interviews mit DDr. Längle, der sich mit seiner Aussage im Kreise jener wiederfindet, die mit einem denunzierenden Selbstgefälligkeitskonstrukt dieses sogenannten "Historikers" nichts zu tun haben wollen.  

Aus dem Interview von Uschi Schleich (Wiener Zeitung vom 24.8.2007 online-Ausgabe) mit DDr.Alfried Längle: 

"Der US-Historiker Timothy Pytell erhebt aber auch schwere Vorwürfe gegen Frankl. Er meint, Frankl habe im jüdischen Rothschild-Spital Versuche an Selbstmordopfern durchgeführt und Leute mittels Gehirnoperationen ins Leben zurückgeholt, die durch den Suizid der Depor tation ins KZ entkommen wollten."

Längle: "Ich halte Pytell für einen Trittbrettfahrer, der sich mit seinen Anschuldigungen Öffentlichkeit verschaffen will. Pythell bringt in seinem Buch nichts Neues, was nicht schon vorher bekannt gewesen wäre. Frankl hat aus seinen Hirnoperationen nie ein Geheimnis gemacht. Der Forschergeist der damaligen Zeit war eben so. Der hippokratische Eid, den Frankl als Arzt geschworen hat, verpflichtete ihn außerdem dazu, Menschen nach einem Suizidversuch ins Leben zurückzuholen. Dass manche dieser Menschen danach ins KZ deportiert wurden, vor dem sie sich mit ihrem Suizidversuch retten wollten, ist ein anderes Thema, das ist die Tragik der Zeit. Aber wir dürfen in der Medizin Menschen, die einen Suizidversuch gemacht haben, nicht deswegen nicht retten, weil sie vielleicht eine schwierige Lebenssituation vor sich haben. Wir gehen davon aus, dass die Medizin einem Menschen, der in einem lebensbedrohlichen Zustand ist, helfen muss. Frankl daraus einen Vorwurf zu machen und zu konstruieren, er hätte mit den Nazis kooperiert, halte ich für schändlich und unethisch. Frankl hat mit den Nazis an keiner Stelle kollaboriert, das hätten die Nazis gar nicht zugelassen."

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Alexander Batthyany

MYTHOS FRANKL?
Geschichte der Logotherapie und Existenzanalyse 1925-1945
Entgegnung auf Timothy Pytell

LIT Verlag 2007
ISBN 978-3-7000-0783-8 (Ö)
ISBN 978-3-8258-1032-0 (D)

Im Frühjahr 2005 erschien das Buch "Viktor Frankl - Ende eines Mythos?" des amerikanischen Autors Timothy Pytell. Pytell versucht, das Leben und Werk Viktor Frankls in einem neuen - durchwegs negativen - Licht darzustellen.

In einem Gespräch mit dem Redakteur der Zeitschrift no:os wurde Dr. Alexander Batthyány, Kurator des Privatarchivs von Viktor Frankl und Herausgeber der Edition der Gesammelten Werke von Vikor Frankl, um eine offene Aussprache und detailliertere Stellungnahme zu Pytells Vorwürfen gebeten.

Von einigen Ergänzungen und editorischen Nachbearbeitungen abgesehen, bringt der vorliegende Band dieses Gespräch nun in Buchform. (Quelle: VFI Wien)

 

 27. April 1945 - Befreiung von Viktor Frankl aus dem KZ-Türkheim 

Viktor E. Frankl  1905 - 1997

Der Mensch und sein Werk

 Photo: © H. Mori   Text: © VFI

"Es gibt nichts auf der Welt, das einen Menschen so sehr befähigte, äußere Schwierigkeiten oder innere Beschwerden zu überwinden , - als: das Bewußtsein, eine Aufgabe im Leben zu haben."  Dr.V.Frankl"  im Ghetto Theresienstadt 1942-1944 

Handschriftliche Ankündigung von Vorträgen Viktor Frankls  im Lager Theresienstadt (1942-1944) Rückseite

*

Alle wesentlichen Informationen über Viktor Frankl, Literatur, Institute bzw. Veranstaltungen finden Sie beim Viktor Frankl Institut Wien : www.viktorfrankl.org  

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Neuerscheinung März 2005 (VFI)

Laudatio des Bundespräsidenten Dr. Thomas Klestil anläßlich der Verleihung des „Großen Goldenen Ehrenzeichens mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich“ an

 Univ.-Prof.Dr.med.Dr.phil. Dr.h.c. mult. Viktor Frankl am Mittwoch, dem 15. März 1995

 

Ich beginne mit einem Geständnis: Beim Versuch, Ihr nun bald 90-jähriges Leben zumindest in seinen allerwichtigsten Stationen festzuhalten, bin ich gescheitert. Zu groß und umfassend ist Ihr Lebenswerk als Arzt, Psychologe und Psychotherapeut, als Wissenschaftler und Humanist. Zu groß die Zahl Ihrer Buchtitel und wissenschaftlichen Arbeiten, zu groß auch die Liste der Dissertationen über Sie und Ihre geistige Schöpfung, die Logotherapie. Die Schar Ihrer Leser und Hörer und Schüler ist längst nicht mehr zu zählen. An mehr als 200 Universitäten auf allen Kontinenten haben Sie vorgetragen – und prompt Bewunderer und Schüler gefunden. Und die Amerikanische Library of Congress nennt Sie als Autor eines der zehn wichtigsten Bücher der Menschheit.

Für Eitelkeiten haben Sie sich wenig Zeit genommen – auch das verbindet Sie übrigens mit einem anderen großen Österreicher, der so wie Sie gerade jetzt seinem 90. Geburtstag entgegengeht und über dessen Anwesenheit ich mich heute besonders freue – es ist Kardinal Franz König.

Österreich ist stolz und dankbar, in Ihnen zwei Hoffnungsgestalten und Vorbilder unseres Landes zu besitzen: Zwei Männer des Geistes, deren Spuren in der Geschichte  dieses Jahrhunderts unauslöschlich sind – und die längst der Welt gehören; zwei Seelenärzte der besonderen Art, die sich – jeder auf seine Art – der seelischen Heilung bzw. dem Seelenheil verschrieben haben.

Zwei Persönlichkeiten, deren besondere Liebe den Menschen und den Bergen gehört – ich betone das, weil Kardinal Dr. König seinen großen runden Geburtstag ganz in der Ruhe der Berge verbringen will – und weil ich deshalb seine heutige Anwesenheit zu Ehren von Prof. Frankl dazu benützen will, um auch ihm jene besondere Dankbarkeit auszudrücken, die Millionen Österreicher ihm gegenüber empfinden.

Gerade für Sie beide gilt im Rückblick auf ihr Leben , was Sie, Prof. Frankl, einmal so tief berührend über das Alter gesagt haben – ich zitiere: „Im Allgemeinen sehen die Menschen nur die Stoppelfelder der Vergänglichkeit. Was sie aber übersehen, sind die übervollen Scheunen des Vergangenseins, in die die Lebensernte eingebracht ist.“

Die Saat Ihres Lebens, Eminenz und Prof. Frankl, ist aufgegangen -  und  wir alle erfreuen uns in Dankbarkeit an dieser reichen Blüte.

Ich gehöre zu jenen Österreichern, die Sie lieber Prof. Frankl, und Ihr Wirken, aber auch Ihre legendäre Ausstrahlung schon seit Jahrzehnten beobachten konnten – vor allem durch meine frühere Tätigkeit in Kalifornien, in New York und Washington.

Ich habe mich damals – im Wissen um Ihre auch bittere österreichische Lebensgeschichte – oft gefragt, wo Ihre enorme Kraft und Menschenliebe wachsen konnte. Und wie es möglich wurde, daß gerade Sie in unserer Zeit der Depressionen, der Aggressionen und der Flucht so vieler junger Menschen in die Welt der Drogen weltweit zu einem unübersehbaren Leuchtturm der Zuversicht und des Lebenssinns wurden.

Die Antwort auf diese Frage habe ich später bei Ihnen selbst gefunden. Sie sind ja überzeugt davon, daß zwar jeder von uns reifen und wachsen kann – daß wir es aber im Leiden letztlich sogar leichter haben, über uns selbst hinauszuwachsen.

Sie sind durch die extremste Trostlosigkeit und Hoffnungslosigkeit  gegangen, die dieses Jahrhundert kannte. Und Sie haben wie kein anderer gerade dort – in den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus, der Ihnen auch die Familie raubte – die Unersetzlichkeit von Trost und Hoffnung entdeckt – und die Erfahrung, daß jedes menschliche Leben seinen unzerstörbaren Sinn hat.

Im Wissen, daß Ihr Leben und Ihr Werk zu groß sind, um hier gewürdigt zu werden, möchte ich mich in aller Kürze auf drei zentrale Aspekte Ihres Wirkens beschränken, für die ich Ihnen als Bundespräsident der Republik Österreich und als persönlicher Bewunderer besonders danken möchte:

Das ist zuerst Ihr Beitrag zur Überwindung der Sinnkrise, die, wie Sie selbst immer wieder betont haben, auf dem Nährboden der Überflußgesellschaften besonders gedeiht und die leider auch vor den Grenzen unseres Landes nicht Halt gemacht hat.

Wir leben ja heute in einer Zeit, in der uns die moderne Wissenschaft zwar sehr viele neue Erkenntnisse und die Technik ganz neue Lebensmöglichkeiten zur Hand gibt – was uns aber mehr und mehr verloren geht, ist das früher ganz selbstveständliche Wissen um den Lebenssinn. Mehr Menschen denn je wissen heute zwar, wovon sie leben, aber nicht wofür.

Genau in dieses existentielle Vakuum hinein haben Sie Ihren bedingungslosen Glauben an einen Sinn gestellt – und haben damit einer nicht zählbaren Schar auch von Österreichern geholfen, „trotzdem Ja zum Leben“ zu sagen.

Damit bin ich schon beim zweiten Aspekt – nämlich Ihrem lebenslangen Aufruf, die grassierende Sinnkrise durch die Wiederentdeckung des Anderen zu überwinden. In einer Zeit, die ganz auf egozentrische Selbstverwirklichung ausgerichtet  ist, haben Sie unermüdlich gepredigt, daß der Mensch letztlich immer auf etwas hinorientiert ist, was nicht er selbst ist. Oder, um es mit dem wunderbaren Wort Kierkegaards zu sagen, daß „die Tür zum Glück immer nach außen aufgeht“.

Sie, lieber Prof. Frankl, haben immer bei offenen Türen gelebt – haben den Sinn Ihres Lebens darin gesehen, anderen in ihren existentiellen Nöten auch dadurch zu helfen, daß Sie Ihnen die Verantwortung für andere deutlich gemacht haben.

Mein drittes Dankeschön gilt Ihrer Treue zu Österreich – nicht in einem engen nationalistischen Sinn, sondern in Ihrer berührenden Verbundenheit mit der österreichischen und Ihrer Geborgenheit in der wienerischen Lebenskultur und Lebensart.

Dieses Land hat es Ihnen – wie so vielen Großen – nicht immer leicht und in dunkler Zeit sogar entsetzlich schwer gemacht. Später mußte Ihr erstes Buch, das inzwischen allein in Amerika 10 Millionen mal verkauft wurde, in Wien mangels Interesse eingestampft werden. Die Welt draußen hat die Größe Ihres Lebenswerks weit früher erkannt als die Heimat – auch das gehört zum wohlbekannten österreichischen Syndrom.

Trotzdem gehören Sie zu den großen Heimkehrern. Frei von Impulsen der Rache und Vergeltung sind Sie 1945 aus der Hölle hierher zurückgekommen. Und von allen internationalen Berufungen, allen Ehrungen und Verlockungen haben Sie immer wieder nach Wien – und auf Ihre geliebte Rax – zurückgefunden.

Und gerade Sie – als Opfer – waren auch in schwierigen Stunden innerer Zerrissenheit durch die Vergangenheit Österreichs bereit, mutig gegen den Zeitgeist aufzustehen und klarzumachen, daß man Widerstand und Heroismus gegen Diktaturen nur von einem einzigen Menschen verlangen kann – nämlich von sich selbst. Und daß alle, die guten Willens sind, einander endlich die Hände entgegenstrecken sollten – über alle Gräben und Gräber hinweg.

Lieber Prof. Frankl!

Normale Maßstäbe sind an Ihr Leben nicht anzulegen – auch nicht an Ihr Lebensalter. Die Republik aber braucht immer konkrete Daten und Anlässe. Der bevorstehende 90. Geburtstag ist ein ganz außergewöhnlicher Anlaß, um Ihnen zu danken:

- Zu danken für Ihr Wissen und Ihre Weisheit – Sie haben uns bewiesen, daß man auch mit eingeschränkter Augenkraft ein Sehender sein kann.

- Zu danken für Ihre menschliche Tiefe und fachliche Breite.

- Zu danken für Ihre ethisches Engagement und Ihre großes gelebtes Vorbild – nicht nur für das, was Sie gedacht, gesagt und getan haben, sondern auch für die Glaubwürdigkeit, mit der Sie Ihre Erfahrungen und Erkenntnisse selbst gelebt haben.

- Zu danken aber auch für Ihren Optimismus und Ihre Hingabe an die Menschen.

Als Zeichen dieser Dankbarkeit darf ich Ihnen heute eine der höchsten Auszeichnungen  überreichen, die unser Land als Dankeschön für außergewöhnliche Leistungen zu vergeben hat – das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich. Ich wünsche Ihnen und Ihrer verehrten Frau, die in besonderem Maß ein Teil Ihres Lebens und Ihrer Arbeit geworden ist, alles erdenklich Gute – Österreich ist sehr stolz auf Sie!

 

Zitiert aus: Journal des Viktor-Frankl-Instituts 1(1995)

 

*

 Mitteilungsblatt der Vereinigung jüdischer Ärzte

Oktober 1935 , Nr. 22

Kol nidre auf dem Steinhof

..............Ungefähr 40 Kranke wurden Erew Jom Kippur im sogenannten Kursaal des Pavillons 2 versammelt. Trotz des improvisierten Charakters der Feier entbehrte die Stimmung im kleinen Saal nicht der Weihe.........Gottesdienst...Rabbiner Fischer ist sich nicht nur seiner religiösen Verantwortung bewußt, sondern auch seiner pädagogischen Aufgabe. Er ist nicht nur gekommen, um vorzubeten. Leise, innig singt er nach der uralten rituellen Melodie das Kol nidre. Einige Kranke summen die Gebete im überlieferten Tonfall mit.............................Am nächsten Tag aber, bei der Visite wandte ich mich an eine der Kranken, die dem Gottesdienst beigewohnt hatten, um auch ihren Eindruck zu erfahren: "Es war so würdig und schön; eine wahre Wohltat Herr Doktor, daß man auch für uns etwas getan und auf uns nicht vergessen hat zu Kol nidre - an uns auf dem Steinhof..."

Viktor Frankl

(Kol nidre ist das Gebet am Vorabend des höchsten jüdischen Feiertages, des Jom Kippur . 1935 hatte Viktor Frankl gemeinsam mit einem Kollegen veranlaßt, daß der Gottesdienst zu Jom Kippur für die jüdischen Patienten der Psychiatrischen Anstalt Steinhof - heute Otto Wagner Spital Wien - organisiert wird. Der Artikel ist bisher in italienischer Sprache im Buch: Le Radice della Logoterapia von Eugenio Fizzotti wiedererschienen, nachdem er 1935 im Mitteilungsblatt jüdischer Ärzte in Wien veröffentlicht worden war.)

 

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   Bitte informieren Sie sich auch mittels der Homepage des Viktor-Frankl-Instituts Wien (VFI)

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Viktor Frankl im öffentlichen Raum:

Mariannengasse 1,  Gedenktafel: Frankl lebte hier von 1945 -1997

Ehemaliger Park der Poliklinik, Wien, Mariannengasse: heißt :  "Viktor Frankl Park" (derzeit Bauarbeiten auf dem Gelände des zerstörten Hörsaals der ehem. Poliklinik)

Viktor Frankl Gasse  in Klagenfurt:

Ca. seit dem Jahre 2000 gibt es im Norden von Klagenfurt eine Viktor Frankl Gasse.

Die erste Benennung einer Straße nach Viktor Frankl in Österreich erfolgte noch zu seinen Lebzeiten in Reichenau an der Rax  - Dr. Viktor Frankl Gasse.

In Türkheim, Südbayern gibt es einen langen Weg um das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Türkheim welcher: Viktor Frankl Weg genannt wurde.

In Kaufering, Südbayern gibt es eine ebenfalls lange Straße (hinter den Bahngleisen in Richtung der KZ-Gedenkstätte führend) , Viktor-Frankl-Straße.

Auf der Rax gibt es seit längerem 3 schwierige Klettersteige, die nach Viktor Frankl benannt wurden.

Im Gelände des ehemaligen AKH (Altes AKH Wien) im jetzigen Universitätscampus führt ein Weg von der Alser Straße/ Spitalgasse durch den Großteil des ehemaligen Allgemeinen Krankenhauses bis zur Sensengasse: Viktor Frankl Weg.

Zu Lebzeiten Frankls wurde an seinem Geburtshaus in der Czerningasse 6 im 2.Wiener Gemeindebezirk eine Gedenktafel angebracht. (Gegenüber dem Hause in dem Alfred Adler wirkte.)

In der Zirkusgasse im 2. Wiener Gemeindebezirk wurde ein Gemeindebau "Viktor-Frankl-Hof" benannt.

"Viktor-Frankl-Schule" für Körperbehinderte in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, 16. November 2001:

Der ehemalige Assistent Viktor Frankls, Harald Mori, hatte Gelegenheit, in Vertretung von Frau Frankl und des Viktor-Frankl-Instituts Wien die Grußadresse an die Festgäste zu richten und hielt ein Kurzreferat, in dem die gerade für diese Schule maßgeblichen Grundlagen des Franklschen Gedankengutes dargelegt wurden.Die ausgesprochen liebevolle und herzliche Atmosphäre war gerade angesichts des offenbaren Leides um so berührender. Hier können wir uns nur mit Achtung und Demut vor diesen Menschen verneigen, die sich mit so viel Verständnis und Idealismus mit Viktor Frankl und der Bedeutung seines Werkes auch im Sinne einer "Ärztlichen Seelsorge" auseinandergesetzt haben.
e-mail: Viktor-Frankl-Schule@gmx.de

Autorisierte  Biographie :

 "When life calls out to us - the love and lifework of Viktor and Elly Frankl",

 by Haddon Klingberg.

(Neue Bücher - vorgestellt von VFI)

 

Dieses Buch ist im Herbst 2002 auch auf Deutsch erschienen (Deuticke-Verlag-Wien)